Freitag, 8. Februar 2008

Sex, Sex, Sex und das gute Benehmen

Ausser Atem
Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit hat der Ex-Pornostar Ilona Staller im italienischen Parlament den Busen entblößt. Wer weiß, ob es eine ästhetische Hommage an den Janet-Jackson-Auftritt sein sollte? Es spricht jedenfalls niemand von "nipplegato" oder so ähnlich. Der chinesischen Schauspielerin Bai Ling passierte bei der Berlinale ähnliches, ihr Dekolleté rutschte kurz unter die schickliche Linie, was den Fotografen sehr gefiel. Wer weiß, ob es eine chinesische Hommage an den Ilona-Staller-Auftritt sein sollte? Die Globalisierung ist ja oft schneller als die Polizei erlaubt. Gottlob übertrug das ZDF den Faux-pas nicht, im Rundfunkrat hätte eine dreitägige Anhörung stattfinden müssen.
Der amerikanische Umgang mit Sex ist ein bisschen seltsam. Der europäische aber auch. Vor Catherine Breillats "Anatomie der Hölle" war das Gedränge riesig groß. Es wurde heftig geschoben, gedrückt, die Masse wogte hin und her, alles trés sexuell, mon cher. Breillat selbst versprach Szenen, wie sie noch nie gezeigt wurden. Bestätigen können das wohl nur Experten für Pornografie, ich hatte jedenfalls noch nie gesehen, wie einer Frau eine Gartenharke eingeführt wird.
Das Publikum aber, beim Einlass so begierig, war während der Vorführung mucksmäuschenstill. Keine Räusper, kein Hin- und Herrutschen. Man spürte deutlich, wie jeder um Distanz bemüht war, bloß nicht dem Nachbarn zu nahe zu kommen. Wegen Kunst sind Zuschauer sonst nie so ruhig. Wahrung von Intimität und Privatsphäre sind hohe Güter, Sexszenen im Kino haben also eine Auswirkung auf das gute Benehmen von Filmkritikern. Und nicht nur von denen.

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